
Gazelle, Löwe oder Affe? Mach den Stresstier-Test!
Oft beginnt es schon auf dem Weg zur Arbeit: Wir alle geraten jeden Tag in stressige Situationen. Und dann schaltet unser Gehirn auf Autopilot. Das heißt: Unser inneres Stresstier erwacht und übernimmt die Kontrolle. Was es damit auf sich hat und wie du herausfindest, welches Stresstier du bist, zeigen wir dir in diesem Beitrag.
Stress und unser Gehirn: Eine uralte Geschichte
Stress hat einen großen Einfluss auf uns, das ist erwiesen. Die meisten von uns reagieren unter Druck völlig anders, als in entspannten Situationen.
Der Grund dafür liegt in der Entwicklungsgeschichte des menschlichen Gehirns, in dem die Notprogramme unserer Vorfahren heute noch eine gewichtige Rolle spielen. Und die uns in Stresssituationen gefühlt ruckzuck in die Höhle zurückkatapultieren.
Die drei Hirnareale: Stammhirn, Zwischenhirn, Großhirn
Der älteste Teil des Gehirns, das Stammhirn, fungiert in brenzligen Situationen als Türsteher. Rennt gerade ein Mammut schnurstracks auf mich zu? Dann erkennt das Stammhirn die Situation als lebensbedrohlich und leitet sofort einen Reflex ein: Flucht, Angriff oder Totstellen. Falls das Mammut langsam dahertrottet, gibt das Stammhirn Entwarnung und verweist die Info eine Gehirnebene höher. Dann kann man erstmal Handlungsalternativen abwägen und sich mit den Anderen besprechen.
Das Zwischenhirn hingegegen entstand etwas später und ist für die Produktion von Adrenalin verantwortlich. Schaltet sich bei Stress das Zwischenhirn ein, wird das Stresshormon ausgeschüttet. Was zur Folge hat, dass alle Fasern unseres Körpers angespannt und wir „zum Kampf bereit“ sind.
Das Großhirn ist der entwicklungsgeschichtlich jüngste Teil des Gehirns. Dieser Teil ist für die Ausschüttung von Melatonin zuständig und regelt unseren Tag-Nacht-Rhythmus. Greift man in Stresssituationen auf diesen Teil des Gehirns zurück, taucht man gerne in die eigenen Gedanken und Tagträumereien ab und entzieht sich so dem Trubel von außen. Gleichzeitig entsteht hier viel Kreativität und Neues.
Die Aktivität der drei Hirnareale bestimmt maßgeblich, welches Stresstier in uns schlummert. Wie das genau aussieht, erfahrt ihr gleich.
Überlebensreflexe: Auch heute noch aktiv
Wie bereits gesagt ist es keineswegs so, dass wir mit den Höhlen auch unsere uralten Reflexe hinter uns gelassen hätten. Ein Beispiel: Deine Chefin kommt früher als vermutet von einer Dienstreise zurück und fragt unerwartet nach wichtigen Unterlagen. Stress pur für dich, denn du hast dich gerade relaxed an deinem Arbeitsplatz eingerichtet und den von ihr angesprochenen Vorgang so gar nicht präsent. Gehen wir davon aus, du greifst auf dein Stammhirn zurück und das stuft die Situation als lebensbedrohlich ein. Dann hast du jetzt drei Optionen.
Erstens: Du fliehst, was allerdings nicht sozial anerkannt ist. Du solltest am Schreibtisch bleiben und mit ihr reden, wenn deine Vorgesetzte den Raum betritt.
Zweitens: Der Angriff. Diese Option fällt ebenfalls flach. Zwar fühlst du dich im Recht. Aber deinen Vorgesetzten im Falle einer Verbalattacke mit der Kaffeetasse eins überzubraten, das lässt du dann doch lieber bleiben.
Wegducken ist auch keine Lösung
Wäre da noch Reaktion Nummer drei: Totstellen, wie es das Großhirn empfiehlt. Und genau das tun auch die meisten in der Realität. Möglichst wenig auffallen und hoffen, dass der Chef einen kurz umkreist und dann einfach weitergeht. Das Problem: Die Stresshormone rotieren auch dann noch in deinem Körper, wenn die Gefahr längst vorüber ist. Denn die Hormone wurden weder durch eine Flucht, einen Kampf oder die anschließende Erbeutung des Abendessens abgebaut.
Denn wozu neigen wir? Nach Feierabend auf der Couch abhängen oder unser Gehirn mit ein, zwei Bierchen auf Standby schalten. Das allerdings hat auf Dauer fatale Folgen, denn der Stress geht in der Regel am nächsten Tag einfach weiter. Zunächst versucht der Körper dann, die Hormone in der Muskulatur abzulegen. Das führt zu Verspannungen. Irgendwann verändern sich dann die Reaktionswege im Gehirn, was dich in eine Art Dauerapathie führt. Und am Ende: permanentes Standby, Burnout, Feierabend.
Willkommen im Stresstier-Zoo!
Natürlich gibt es viele andere Stress-Situationen, in den wir dann doch zu den Optionen Flucht oder Angriff tendieren. Egal, wofür wir (oder besser unser Gehirn) uns entscheiden – jeder Mensch findet sich tendenziell in der Familie eines der folgenden Stresstiere wieder. Und jedes der Stresstiere greift auf eine der drei Ur-Reaktionen zurück, die unseren Vorfahren das Leben retteten:
- Die Gazelle: Sie greift in Stresssituationen vorrangig auf das Hormon Oxytoxin zurück, das Kuschelhormon, das im Stammhirn produziert wird. In stressigen Zeiten steht für sie soziale Nähe und Austausch ganz oben auf der Prio-Liste. Wie schon bei unseren Vorfahren entscheidet dieser Gehirnteil in stressigen, aber nicht lebensbedrohlichen Situationen, dass man sich erstmal mit der Gruppe besprechen sollte.
- Der Löwe: Bei ihm springt bei Stress bevorzugt das Zwischenhirn an und es wird jede Menge Adrenalin produziert. Löwen setzen darauf, sich mit anderen zu messen und in den Wettbewerb zu treten. Die Zeichen stehen auf Angriff.
- Der Affe: Er greift bei Stress auf das Großhirn zurück und sein Gehirn produziert Melantonin. Das ist nicht nur für den Tag-Nacht-Rhythmus zuständig, sondern auch dafür, dass der Affe sich innerlich zurückzieht und mit sich selbst kommuniziert. Nach außen wirkt das, als würde er sich totstellen.
Bei dieser Unterscheidung wird eines klar: Treffen in stressigen Situationen beispielsweise Gazellen und Affen aufeinander, kann es schwierig werden. Der eine möchte einfach nur seine Ruhe. Und der andere redet wie ein Wasserfall, um soziale Nähe herzustellen und gemeinsam einen Ausweg zu finden.
Du willst herausfinden, welches Stresstier du bist? Dann mache jetzt den Stresstier-Test:
Tipps für den Umgang mit Stresstieren
Um nicht mit den anderen Stresstieren in Konflikt zu geraten, wenn’s mal brennt, hier einige Ratschläge:
- Kenn dein eigenes Stresstier! Selbsterkenntnis ist der erste Schritt, damit es besser wird. Wenn du weißt, warum du in stressigen Situationen so und nicht anders reagierst – und dass es da ein klares Muster gibt – ist schon viel gewonnen. Du kannst darüber reflektieren und deine Reaktionen wandern ins Bewusstsein. Du gewinnst quasi die Kontrolle zurück.
- Finde heraus, welche Arten von Stresstieren dich umgeben. Denn dann kannst du entsprechend auf sie eingehen und Konflikte vermeiden. Beispiel Gazellen: Sie müssen das Gefühl haben, dass ihr Gegenüber auch in Konfliktsituationen grundsätzlich die gleichen Werte vertritt. Und sie Teil der Gemeinschaft sind, egal was passiert. Drohungen oder persönliche Angriffe bringen also bei Gazellen gar nichts – sie geraten nur noch mehr in Stress. Löwen hingegen fühlen sich wohl, wenn man ihnen durch eine Vorzugsbehandlung Respekt zollt. Ansonsten holen sie sich unmissverständlich, was ihnen aus ihrer Sicht ohnehin zusteht.