
Teilzeit für alle: Weg mit dem Mutti-Image!
Teilzeit bedeutet: Arbeiten mit halber Kraft und null Karrierechance? Das war mal. Was Teilzeitarbeit wirklich bedeutet, warum es ein Umdenken braucht und ob du ein Recht darauf hast, liest du hier!
Einmal umdenken, bitte!
Arbeitnehmer, die in Teilzeit arbeiten möchten, haben es schwer, wenn sie nicht Eltern sind und damit einen trifftigen Grund haben: Kinderbetreuung am Nachmittag. Welcher Personaler traut einem Bewerber, der von der Norm abweicht und damit ein potenzielles Risiko darstellt? Irgendetwas kann mit ihm nicht stimmen – oder?
In Zeiten, in denen über eine 30-Stunden-Woche diskutiert wird, über höhere Produktivität bei reduzierter Arbeitszeit, über Entlastungen durch Digitalisierung, New Work, Slow Work usw.: Ist es da nicht verwunderlich, dass an einem Teilzeitjob noch immer das Mutti-Image klebt?
Diese modernen Ansätze und das, was in der Recruiting-Praxis gelebt wird, gehen weit auseinander. Hier muss ein Umdenken stattfinden, ein neues Karrieredenken abseits von Klischees und Normen.
Teilzeit = weniger arbeiten, mehr leisten
Immer wieder hört und liest man davon: Menschen, die weniger arbeiten, sind leistungsfähiger. Das steht ähnlich wie das Arbeiten im Homeoffice im Gegensatz zu der in Deutschland vielerorts immer noch gelebten Präsenzkultur. Präsenz zeigen ist traditionell gleichbedeutend mit guter Arbeit durch hohes Zeitinvestment. Darum erscheint es zunächst auch paradox, dass die Produktivität durch Teilzeit steigt. Bei genauerem Nachdenken ist es aber durchaus nachvollziehbar, dass weniger arbeiten zu besseren Ergebnissen führt.
Der Arbeitgebertraum von 8 Stunden produktiver Arbeit wird immer ein Traum bleiben. Schließlich sind wir Menschen nicht dafür gemacht, über einen längeren Zeitraum konzentriert zu arbeiten. Mehr Freizeit und dadurch mehr Erholung tragen maßgeblich zum Wohlbefinden der Arbeitnehmer bei. Und glückliche Mitarbeiter leisten mehr, vor allem dann, wenn sie Zeit nicht unproduktiv absitzen müssen.
Wertewandel in der Berufswelt
Doch nicht nur der Faktor Produktivität spielt eine Rolle, auch der Wertewandel der Arbeitnehmer ist greifbar. Vor allem der Generation Z ist das gut gefüllte Bankkonto oder der wichtig klingende Jobtitel als Statussymbol nicht mehr so wichtig. Gesucht werden Freiräume und sinnstiftende Arbeit und wo dies nicht gewährleistet ist, tun sich Unternehmen schwer, neue Kräfte zu rekrutieren. Immer mehr Berufstätige betrachten ihr Leben ganzheitlich und verfolgen Ziele, die sich ihre Eltern noch für die Rente aufgespart haben.
Was bedeutet in Teilzeit arbeiten wirklich?
Noch immer wird Teilzeitarbeit häufig mit einem Halbtagsjob gleichgesetzt. Hast du dabei auch Mitarbeiter im Kopf, die nur ein oder zwei Tage in der Woche da sind oder immer verkürzt arbeiten? Dann wirst du vielleicht überrascht sein, denn die gesetzliche Definition von Teilzeitarbeit lautet:
„Teilzeitbeschäftigt ist ein Arbeitnehmer, dessen regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers.“ (§ 2 TzBfG)
Du siehst, laut Gesetz hängt Teilzeitarbeit von dem durchschnittlichen Vergleichswert anderer Beschäftigter im Unternehmen ab. Ein Halbtagsjob zählt ebenso dazu, wie eine geringfügige Beschäftigung. Wie genau das Teilzeitmodell gestaltet werden kann, hängt individuell vom Arbeitgeber ab.
Wie viele Stunden hat ein Teilzeitjob?
Da ein Teilzeitjob laut Gesetz ein Job ist, bei dem die regelmäßige, wöchentliche Arbeitszeit unter der wöchentlichen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten liegt, gibt es also keine genaue Anzahl an Stunden, ab dem ein Job als Teilzeitjob gilt. Das hängt von den wöchentlichen Arbeitsstunden ab, die für Vollzeitbeschäftigte gelten. Gilt in einem Unternehmen eine wöchentliche Arbeitszeit von 37 Stunden und ist mit einem Beschäftigten eine Arbeitszeit von 35 Stunden in der Woche vereinbart, spricht man schon von Teilzeit.
Welche Teilzeitmodelle gibt es?
Das Bundesministerium für Arbeit hat mehrere Teilzeitmodelle herausgearbeitet, die einen guten Überblick geben. Arbeitnehmer können individuell das für sie passende Modell finden und sich mit der Arbeitgeberin darauf einigen. Merke: Das Arbeitsrecht macht keine Vorgaben, wie die Arbeitszeit bei Teilzeit aufgeteilt werden muss. Wir stellen dir hier einige vor:
Arbeitsstunden reduzieren
- Teilzeit Classic: Es bleibt bei einer 5-Tage-Woche, bei der die tägliche Arbeitszeit reduziert wird. Das Modell eignet sich z. B. für eine 20- oder 30-Stunden-Woche, also 5×4 Stunden oder 5×6 Stunden am Tag.
- Teilzeit Classic Vario: Bei der Vario-Variante der Teilzeit Classic werden die Stunden auf zwei bis fünf Tage verteilt. Zum Beispiel können bei einer 15-Stunden-Woche die Stunden folgendermaßen verteilt werden: 1×6 Stunden, 1×4 Stunden und 1×5 Stunden.
- Teilzeit Home: Arbeitnehmerinnen arbeiten feste Stunden an festen Tagen von zuhause.
Einen Arbeitsplatz teilen
- Teilzeit Jobsharing: Beim Jobsharing teilen sich zwei Arbeitskräfte einen Vollzeitjob. Das geht z. B. 5 Tage in Teilzeit oder 2-4 Tage kombiniert in Voll- und Teilzeit.
Für eine Auszeit sparen
- Teilzeit Invest: Bei dieser Art von Teilzeitmodell arbeiten die Beschäftigten in Vollzeit, werden aber für eine Teilzeitbeschäftigung bezahlt. Die Differenz wird als Zeit- oder Geldguthaben auf einem Konto angespart und kann dann vom Arbeitnehmer für eine Auszeit genutzt werden.
Habe ich ein Recht auf Teilzeitarbeit?
Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) haben Beschäftigte einen Anspruch auf Teilzeitarbeit. Voraussetzung ist, dass du bereits länger als 6 Monate bei deinem Unternehmen beschäftigt bist. Es ist auch möglich zeitlich befristet in Teilzeit (Brückenteilzeit) zu arbeiten. Das Unternehmen muss dafür i. d. R. mehr als 45 Arbeitnehmer beschäftigen (Personen in Ausbildung werden nicht mitgezählt). Du kannst die Arbeitszeit bei der Brückenteilzeit für ein bis fünf Jahre reduzieren und danach zu deiner vorher üblichen Arbeitszeit zurückkehren.